Ausbildung in
Gesprächsorientierter Biografiearbeit

Alles wirkliche Leben ist Begegnung.

Martin Buber

Ziele der Ausbildung

Fachlich-Methodische Kompetenz

Die Ausbildung in Gesprächsorientierter Biographiearbeit vermittelt die Grundlagen einer spirituellen Menschenkunde, auf der Basis der Erkenntnisse von Rudolf Steiner, Martin Buber, Viktor Frankl und anderen.
Die Teilnehmer*innen erwerben Kenntnisse über das Menschenbild und die Menschlichen Entwicklungsprinzipien, die Rudolf Steiner beschrieben hat und die von Bernard Lievegoed, Gudrun Burkhard und anderen weiter ausgearbeitet worden sind. Dies sind z.B.: der dreigliedrige und der neungliedrige Mensch, die Siebenjahres-Phasen oder Jahrsiebte, Rhythmen und Zyklen, signifikante Wendepunkte, Spiegelungen früherer Ereignisse in späteren Lebensphasen und die Metamorphosen von Ereignissen und Erlebnissen in seelische Qualitäten und geistige Fähigkeiten.
Wesentliche Inhalte sind außerdem Erkenntnisse und Theorien zu den Themen Begegnung, Gesprächsführung und Prozessgestaltung, wie sie von Martin Buber, Rudolf Steiner und anderen entwickelt und von Coenrad van Houten, Ron Kurtz und anderen für die Praxis nutzbar gemacht worden sind.
Die nötige Fachkompetenz um Gesprächsorientierte Biografiearbeit sowohl in der Einzelberatung als auch in Workshops verantwortungsvoll durchzuführen wird systematisch erarbeitet, und ihre Anwendung in einer achtsamen Haltung geübt und verinnerlicht.

 

Persönliche Kompetenz

Während der gesamten Ausbildung erforschen die Teilnehmer*innen ihre eigene Biografie aus verschiedenen Perspektiven und lernen so biographische Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten auch praktisch kennen. Dies ermöglicht ein verstehendes Miterleben nicht nur des eigenen Lebenslaufs.
Durch kontinuierliche Selbsterfahrung und Selbstreflexion werden die Teilnehmer*innen darin unterstützt, ihre limitierenden Prägungen und Muster zu erkennen und ihre individuellen Potentiale weiterzuentwickeln.
Für die Tätigkeit als Biografieberater*in ist eine vorurteilsfreie und mitfühlende Haltung sich selbst und anderen gegenüber entscheidend. Die Entwicklung dieser Haltung und die Ausbildung eines individuellen authentischen Arbeitsstils wird in den Seminaren und in der Begleitung der Hausarbeiten gefördert und unterstützt.

 

Begegnungs- und Beziehungskompetenz

Die Gesprächsorientierte Biografiearbeit findet im zwischenmenschlichen Raum statt.
Damit dieser Raum entstehen kann, ist es erforderlich, dass Biografieberater*innen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit herstellen, aufrechterhalten und beenden können. Dafür bedürfen sie besonderer Fähigkeiten im Kontakt und in der Kommunikation mit den Menschen, die zu ihnen kommen.
Wichtige Elemente dieser Fähigkeiten sind:

  • eine nicht wertende, respektvolle Haltung,
  • eine verfeinerte Wahrnehmungsfähigkeit für die verbalen und nonverbalen Signale des anderen Menschen,
  • eine erweiterte Empathiefähigkeit, die es ermöglicht, mit dem anderen Menschen mitzudenken, mitzufühlen und mitzuwollen
  • eine gesteigerte Unterscheidungsfähigkeit zwischen Ich und Du
  • eine erhöhte Wahrnehmungsfähigkeit für Prozesse
  • eine verstärkte Wahrnehmungsfähigkeit für die eigenen Grenzen
  • die Fähigkeit zur Selbstfürsorge

Über die gesamte Dauer der Ausbildung werden die Teilnehmer*innen in der Entwicklung dieser Fähigkeiten angeleitet und unterstützt.

Haltung und Arbeitsweisen

Menschenbild

Unsere Haltung wird wesentlich durch unser spirituelles Menschenbild geprägt. Dies beruht hauptsächlich auf den Erkenntnissen von Rudolf Steiner, hat aber auch viele Übereinstimmungen mit den Grundannahmen von Viktor Frankl, Martin Buber und der Buddhistischen Psychologie.
Wir verstehen den Menschen als ein individuelles Wesen, das aus Körper, Seele und Geist besteht. Entsprechend fassen wir den menschlichen Lebenslauf als einen einzigartigen körperlichen, seelischen und geistigen Entwicklungsweg auf.
Die geistige Dimension des Menschen (sein „Ich“) wird nach unserer Auffassung durch Krisen, Krankheiten, Störungen und Behinderungen auf körperlicher oder seelischer Ebene nicht in Frage gestellt. Diese können im Gegenteil zur Entwicklung des Menschenwesens beitragen.
Wir gehen davon aus, dass das Ich des Menschenwesens durch mehrere, aufeinander bezogene, vergangene und zukünftige Erdenleben geht und sprechen in diesem Zusammenhang von Reinkarnation und Karma. Dabei sind wir davon überzeugt, dass jeder Mensch der führende Experte für sein eigenes Leben ist und als solcher dazu befähigt ist, zum freien Gestalter seines Schicksals zu werden.

 

Haltung

Daraus ergibt sich für die Gesprächsorientierte Biografiearbeit eine Grundhaltung, die sich im Wesentlichen durch diese Qualitäten auszeichnet:

  • vorurteilsfrei und interessiert
  • an dem ganzen Menschen, mit seinen Freuden und seinen Leiden
  • mitdenkend, mitfühlend und mitwollend
  • in Bezug auf die individuellen Lern- und Entwicklungsintentionen des Menschen
  • ehrfürchtig und staunend
  • angesichts der einzigartigen Schönheit des Menschen und seines Lebensweges
  • phänomenologisch und achtsam
  • mit allen Sinnen wahrnehmend und bei der Wahrnehmung verweilend
  • begleitend und schützend
  • nicht führend, nicht folgend – Bruder/Schwester und Wächter*in sein
  • gewaltfrei und ergebnisoffen
  • den Prozess halten und Zeuge sein

Auf die kontinuierliche Übung dieser Qualitäten legen wir persönlich und in der Ausbildung großen Wert.

 

Arbeitsweisen

Die Arbeitsweise in der Gesprächsorientierten Biografiearbeit ist in erster Linie phänomenologisch. Das heißt, es geht vornehmlich um die wertfreie Betrachtung des Menschen mit seiner individuellen Lebens- und Entwicklungsgeschichte.
„Was hast du erlebt?“ und „Wie hast du es erlebt?“ sind die entscheidenden Fragen – und dann, darauf aufbauend: „Welcher Sinn liegt für dich darin?“ Wertungen (ob es gut oder schlecht ist), Vorurteile (wie es sein sollte) und Interpretationen (warum es so ist), trüben den phänomenologischen Blick.
Diese Art der phänomenologischen Betrachtung hat Goethe in seinen naturwissenschaftlichen Forschungen gepflegt, Rudolf Steiner hat sie aufgegriffen, weiterentwickelt und auch auf andere Gebiete als die Naturwissenschaft ausgedehnt. Zahlreiche Persönlichkeiten haben seine Anregungen weiter ausgearbeitet, sodass phänomenologische Betrachtungsweisen heute nicht nur in der Biografiearbeit, sondern z.B. auch in der Kunstbetrachtung und der Kunsttherapie, in der Heilpädagogik und Pädagogik und in der Medizin angewendet werden.

Des Weiteren sind für die Gesprächsorientierte Biografiearbeit die folgenden Arbeitsweisen besonders wichtig:

  • Erfahrungsbasiertes und experimentelles Arbeiten für eine lebendige Prozessgestaltung.
  • Künstlerische Betrachtung und kreative Techniken zur Vertiefung der Erfahrungen und zur Integration der Erkenntnisse.
  • Selbstreflektion, Intervision und Supervision.
  • Übungen zur Konsolidierung des neu Erfahrenen und Gelernten.

Alle genannten Arbeitsweisen werden in der Ausbildung kontinuierlich geübt.

Aufbau der Ausbildung

Aufbau der Ausbildung

Die systematische Ausbildung in Gesprächsorientierter Biografiearbeit umfasst die individuelle, soziale und spirituelle Dimension der Biografie, die in jeweils vier Seminaren erarbeitet wird.
Die Theorien und Methoden der Gesprächsorientierten Biografiearbeit werden über den Zeitraum von drei Jahren in theoretischen und praktischen Einheiten lebendig gelehrt und geübt.
Die Ausbildung ist erfahrungsorientiert. Die Vermittlung der Theorie greift Hand in Hand mit der direkten Umsetzung des Gelernten im Rahmen von praktischen Übungen in kleinen Gruppen. Hier probieren die Teilnehmer*innen die Lehrinhalte direkt aus und sammeln Erfahrungen, indem sie die Methode sowohl anwenden als auch an sich selbst erleben. Auf diese Weise können sie lernen, hilfreiche Begleiter*innen für andere zu werden, die sich mit ihren Lebensfragen an sie wenden.
Alle Seminare sind so konzipiert, dass ein abwechslungsreicher Mix aus Impulsreferaten, Gesprächen und vielfältigen praktischen Übungen entsteht. Ausführliche Text-, Bild- und Tonmaterialien werden den Teilnehmer*innen zur Vor- und Nachbereitung der Seminare zur Verfügung gestellt.
Wir arbeiten stets ressourcen- und anwendungsorientiert.
Elemente sind z.B.: Wahrnehmungs- und Begegnungsübungen, kreative Techniken und Methoden, wie malen und schreiben, individuelle Arbeitszeiten und Gespräche in kleinen und größeren Gruppen.

Während der gesamten Ausbildung untersuchen die Teilnehmer*innen ihre eigene Biografie aus verschiedenen Perspektiven und vertiefen so ihr Verständnis für die menschliche Lebensreise. Dieser erfahrungsorientierte Lernprozess führt zu einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit sich selbst und der eigenen Biografie.